WAVELETS – Die Grundlage der digitalen Bildcodierung

WAVELETS – Die Grundlage der digitalen Bildcodierung

Signale, Bilder und Videos werden in der Informationstechnik häufig nicht direkt in ihrem zeitlichen Ablauf dargestellt, sondern durch Signaltransformationen umgewandelt. Ein bekanntes Beispiel ist die Fouriertransformation, bei dem ein Signal in sein „Frequenzspektrum“ verwandelt wird, so daß man sieht, welche Bandbreite es auf einem Übertragungskanal benötigt. Bilder werden gerne einer Transformation durch zweidimensionale Cosinusfunktionen unterworfen. Diese Transformation erlaubt es, den Energieinhalt des Bildsignales darzustellen, so daß man Bits nur den energiereichen Abschnitten zuordnen muß. Damit spart man Speicherplatz und Übertragungszeit für solche komprimierten Bilder.

Frau Daubechies hat sich in den vergangenen 12 Jahren intensiv mit der Transformation durch sogenannte „Wavelets“ beschäftigt. Dabei wurden nicht nur die mathematischen Eigenschaften dieser Funktionaltransformation von ihr sorgfältig untersucht, sondern sie hat, insbesondere durch ihre 1988 erschienene Arbeit, zusammen mit Mallat die Anwendung der Wavelets als perfekt rekonstruierende Filter in der Bildkompression ermöglicht.

Eine Krönung ihrer grundlegenden Untersuchungen zu den Wavelets ist der neue Standard JPEG 2000 zur Bildkompression, der im Dezember 1999 durch eine internationale Expertengruppe verabschiedet wurde. Er wird das Standardverfahren zur Bildübertragung und zur Bildspeicherung im Internet und im World Wide Web (WWW) sein. Hierbei werden die Wavelets als Transformationsfunktionen eingesetzt, so daß die Bilder weniger Bits als bisher zur Darstellung benötigen. Die Wavelets vermeiden die störenden Artefakte der bisherigen Verfahren und ermöglichen eine hierarchische Bildübertragung, bei der das Bild in wachsender Qualität dargestellt werden kann. Bei letzterer Methode können im Internet die Bilder enstprechend der eintreffenden Pakete nach und nach aufgebaut werden, ohne das störende Randeffekte auftreten. Die Möglichkeit des hierarchischen und sukzessiven Bildaufbaus ist im Internet besonders wichtig, weil dort Pakete verloren gehen oder zu spät eintreffen können.

Die von Frau Professor Daubechies eingeführten und untersuchten Wavelets werden aber auch bei der Zeit-Frequenz Analyse, bei der Multi-Träger Datenübertragung, in der Radartechnik, in der Biomedizin und in der Computergraphik eingesetzt.

Ingrid Daubechies ist nicht nur eine innovative Forscherin, sondern hat auch die Fähigkeit, ihre Ergebnisse gut darzustellen. Das zeigt unter anderem ihr preisgekröntes Buch „Ten lectures on wavelets“, das den Bekanntheitsgrad der Wavelets sehr erhöht hat.

Mit der Verleihung des Eduard-Rhein-Grundlagenpreises sollen die fundamentalen Arbeiten von Frau Daubechies geehrt werden, die in exemplarischer Weise zeigen, wie grundlagenorientierte Mathematik zu erheblich verbesserten und praktisch brauchbaren Lösungen in vielen technischen Anwendungen des Informationszeitalters führt.

Prof. Dr. Joachim Hagenauer,
TU München