Langjähriger Chefredakteur der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature

Sir John Maddox und Nature

Die erste Ausgabe von Nature erschien 1869 mit der Zielsetzung „to place before general public the grand results of scientific work and scientific discovery“. Diesem Anliegen ist das Journal bis heute gerecht geworden: Nature besitzt in der Wissenschaft und unter der Freunden der Wissenschaft ein legendäres Ansehen. Nature’s „tradition of excellence“ ist unbestritten.
Den hervorragenden Ruf von Nature hat John Maddox natürlich nicht begründet, aber er hat ihn tatkräftig gefestigt. Der Editor Maddox wurde während seiner zweiten Amtszeit (1980-95) zu einer Institution; das Journal Nature hat unter Maddox‘ Leitung seinen ersten Platz auf der Weltrangliste der wissenschaftlichen Journale ausgebaut.

Worin liegen die besonderen Verdienste von Maddox ( und von Nature) ?

Nature war von Anbeginn an der „forefront of science“. Das Journal publiziert herausragende Originalarbeiten („letters to Nature“) und Übesichtsartikel („review articles“) aus alles Bereichen der Naturwissenschaften und der Medizin (einschließlich Psychologie und Anthropologie). Wissenchaftler in mehr als 100 Ländern lesen Nature, und aus jedem Land , in dem gute
Forschung betrieben wird, werden Beiträge publiziert. Nature ist somit ein wesentliches Bindeglied für die „global scientific community“.
Nature ist für Wissenschaftler die rerste Adresse, wenn es um die Veröffentlichung von Spitzenforschung geht. Dies stellt hohe Anforderungenan die Weisheit des Heraugebers. Die schwierige Balance zwischen Wagemut und Vorsicht ist dem gelernten theoretischen Chemiker Maddox in bewundernswerter Weise geglückt. In kritischen Fällen hat er persönlich eingegriffen und unkonventionelle Formen der Evaluierung gewählt.
In der renommierten news and views-Rubrik finden sich vielbeachtete Begleitkommentare zu herausragenden wissenschaftlichen Entdeckungen. Sie erleichtern dem aktiven Forscher die interdisziplinaäre Orientierung -ein Verdienst besondere Art.
In der news-section versucht Nature mit Erfolgt, die Verbindung zwischen den Wissenschat und der (Wissenschats-) Politik herzustellen, nicht nue in UK, sondern auch unter europäischen und globalen Perspektiven. Als einem Jahrzehnt die EU Gestalt annahm, beschloß John Maddox, der politischen Entwicklung durch eine eigene Redaktion auf den Kontinent Rechnung zu tragen. Als Redaktionssitz wählte er Deutschland. Die Münchener Redaktion wurde 1987 gegründet -heute „Nature Germany“.
Sicherlich hat Nature auch unter Maddox einen Schwerpunkt auf molekulare Biologie gelegt. Aber der theoretische Chemiker Maddox hat es meines Erachtens geschickt verstanden, die high ligths der neuen Biologie in seinem Journal zu publizieren, ohne eine „molekulare Schieflage“ zu riskieren. Unter Maddox Ägide hat Nature ein neues, allseits respektiertes Gleichgewicht gefunden.
Auch die Buchbeschprechungen, die in Nature erscheinen, sind für viele Wissenschaftler, die über Tllerrand ihrer engeren Disziplin hinausblicken möchten, eine unschätzbare Informationsquelle. Maddox hat auch hier gestaltend gewirkt. Natürlich bieten Buchbeschprechungen auch Anlaß für Gekränkt- und Verletztsein. Aber unter Maddox herrschten Fairness und Anstand auch in der Rubrik „book reviews“. Maddox Nachruf auf Ales Todd in der Nature -Ausgabe 6.2.97 ist ein Meisterwerk journalistischer Kunst, Wesen und Werk eines großen und schwierigen Wissenschaftlers zu würdigen, kritisch und respektvoll zugleich.

Pr. Dr. Dr.h.c.mult. Hans Mohr, Universität Freiburg